Schützenverein Essen (Oldb) e.V.
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Die stillen Jahre 1856 bis 1888

Auch wenn wir heute nicht glauben können, dass unsere ersten Schützenbrüder dem Alkohol und dem unchristlichen Leben besonders zugesprochen hätten, so ist doch ein direkter Zusammenhang zwischen dem frühen Ende der aktiven Schützenvereinszeit im Jahre 1856 und den Reisen und Predigten des Kaplans Seling im Oldenburger Münsterland zu sehen. Die Gründung der Mäßigkeitsbruderschaft und der Jünglingssodalität in der Gemeinde Essen im Jahre 1856 bescherten dem jung erblühten Schützenwesen in der Gemeinde auf jeden Fall ein frühes Ende.
 
Kaplan Seling predigte damals im gesamten Münsterland und in der Residenzstadt Oldenburg vehement gegen den unmäßigen Alkoholkonsum. Sein Wirken auf die Essener Bürger war wohl sehr nachhaltig. Aber wie jede Medaille zwei Seiten hat, brachte Kaplan Seling den Essenern nicht nur das Ende des aktiven Schützenlebens, sondern auch als Heimatdichter unser beliebtes "Essener Nationallied", das besonders für den Schützenverein eine herausragende Bedeutung hat. Seine dritte Strophe wird aber heute eher mit Humor gesungen, beginnt sie doch mit den Worten: "Drum musste hier auch weichen der böse Alkohol. Er brachte großes Übel, sein Sündenmaß war voll".
 
In ihren besten Zeiten hatte die Mäßigkeitsbruderschaft in Essen weit mehr als 1 000 Mitglieder, was besonders im Hinblick auf eine, laut Volkszählung von 1880, Gesamteinwohnerzahl von nur knapp 2900 schon erstaunlich ist. Auch andere große Ereignisse fallen in diese Zeit, wie der Neubau der Pfarrkirche in Essen ab 1870 und deren Einweihung im Jahre 1875.
 
Ruhte das Schützenwesen der Erwachsenen für mehr als drei Jahrzehnte, so blieb doch das Kinderschützenfest laut Überlieferung als Festtag erhalten und wurde jeweils am 29. Juni auf Hempen Hof unter reger Beteiligung abgehalten. Da diese Feste aber weder durch Unterlagen protokolliert sind, noch in der Chronik erwähnt werden und gesicherte Unterlagen erst wieder ab dem Jahre 1902 vorliegen, gilt im Essener Schützenverein 1902 als offizielles Datum für das erste Kinderschützenfest. Daher feiert das Kinderschützenfest nun auch sein 100-jähriges Bestehen.
 
Die einzige überlieferte Quelle, die uns über den Ablauf der damaligen Kinderschützenfeste Auskunft gibt, sind die "Heimatkundlichen Sonntagsaufsätze" der Münsterländischen Tageszeitung, die zum Teil von Kaplan J. Hermes aus Essen im Jahre 1923 verfasst wurden. Nachfolgendes Zitat aus einem Originaltext:
 
"Mehrere Wochen vor dem Feste sammelten die Kinder Geld zum Ankauf von Geschenken für die Königin mit ihren Ehrendamen, für die Bewirtung des Thrones, für das Gebäck, welches unter die Kinder verteilt wurde, und für die Bestreitung sonstiger Unkosten. Am Tage vor dem Feste wurden Kränze gewunden. Am Festtage selbst versammelte sich die lustige vielköpfige Kinderschar gleich nach der Nachmittagsandacht auf dem Marktplatz und stellte sich in Reih und Glied auf. Unter Spiel und Gesang ging’s mit dem alten Königspaar an der Spitze dem Schützenplatze zu, wo das Schießen um die Königswürde alsbald ansetzte. Während die Knaben demselben mit Interesse zuschauten, beschäftigten sich die Mädchen mit Sacklaufen, Wettlaufen, Kreisspielen, Sattenschlagen und ähnlichem munterem Spiel, um einen Preis zu bekommen.
Der Knabe, welcher den Königsschuss getan hatte, wurde von allen Kindern bald mit lautem Jubel umringt, namentlich aber von den Mädchen, aus denen er sich sofort eine Königin erkor. Diese wählte vier Ehrendamen und die Damen vier Ehrenherren. König und Königin wurden mit Kränzen aus Eichenlaub geschmückt und zum Königsthron geführt, wo man sie hochleben ließ und hernach festlich bewirtete. Jedes Kind bekam zwei leckere Zwiebäcke, der König und sein Gefolge durften sich sogar an einem Stück Butterkuchen gütlich tun. Gegen Abend zum Angelusläuten kehrte der Festzug geschlossen nach Essen zum Marktplatz zurück und löste sich dort nach dem Singen des Nationalliedes auf. Im Hause des Königs fand das Kinderschützenfest dann seinen Abschluss".

 
Es dauerte bis 1888, bis sich die Essener auf die ersten Schützenfeste vor mehr als dreißig Jahren besannen. Es war die im gleichen Jahr gegründete Essener Feuerwehr, die die ehemals aktiven Schützenbrüder beheimatete und die im Jahre 1889 erstmals wieder ein Schützenfest vorbereitete.
 
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aus: Schützenverein für die Gemeinde Essen e.V. 1852 - 2002;
Verlag: Friedr. Schmücker, 49624 Löningen, 2002; S. 19f
 


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